Mehr als 250.000 Unternehmen in Deutschland stehen in den kommenden Jahren zur Nachfolge an, der größte Teil davon im Mittelstand. Viele Unternehmer:innen denken dabei an „Verkauf“. Das Problem: Wer Nachfolge als Transaktion begreift, verkennt ihren eigentlichen Charakter. Denn erfolgreiche Übergaben sind kein einmaliger Deal – sie sind ein strategisch geplanter, kulturell verankerter und organisatorisch vorbereiteter Prozess.
In diesem Beitrag zeigen wir, warum Nachfolge mehr ist als Verkauf, welche strukturellen Prinzipien eine gelungene Übergabe ermöglichen und wie Sie mit einem Target Operating Model (TOM) Ihre Nachfolge strategisch aufsetzen. Anhand eines fiktiven Praxisbeispiels und einer umsetzbaren Checkliste erhalten Sie konkrete Handlungsempfehlungen für die eigene Nachfolgeplanung.
In klassischen M&A-Prozessen steht der Verkaufsakt im Zentrum: Bewertung, Due Diligence, Vertragsgestaltung, Signing, Closing. Es geht um Eigentumsübertragung, steuerliche Effekte und Verhandlungstaktik.
Doch die Nachfolge in familiengeführten Unternehmen, insbesondere im deutschen Mittelstand – folgt einer anderen Logik. Hier steht nicht der „Exit“ im Vordergrund, sondern die kontinuierliche Fortführung des Unternehmens. Die Belegschaft soll gehalten, die Kundenbeziehungen gepflegt, die Kultur gewahrt und die Zukunftsfähigkeit gesichert werden.
Nachfolge ist kein rein juristischer oder steuerlicher Vorgang. In der Praxis wirkt sie gleichzeitig auf drei Ebenen:
Dies ist der formale Rahmen der Nachfolge: Kaufverträge, steuerliche Gestaltung, gesellschaftsrechtliche Struktur. Viele M&A-Prozesse fokussieren ausschließlich auf diese Ebene, oft aus Effizienzgründen. Doch ohne Klarheit über die folgenden Ebenen bleibt die Übergabe instabil.
Nachfolge bedeutet auch einen Führungswechsel. Wer übernimmt die operative Verantwortung? Welche Kompetenzen werden übertragen? Gibt es eine Übergangsphase, Doppelspitze oder Beirat?
Gerade hier ist Governance-Struktur essenziell: Rollenverteilung, Entscheidungsprozesse und Informationsflüsse müssen klar geregelt sein, um Reibungsverluste zu vermeiden.
Die vielleicht am meisten unterschätzte Ebene: Identität, Kultur und Vertrauen. Wer ein Familienunternehmen übernimmt, ob aus der Familie oder extern, übernimmt auch ein emotionales Erbe. Diese Dimension entscheidet über die Akzeptanz bei Mitarbeitenden, Kunden und Partnern.
Ein Target Operating Model (TOM) beschreibt den Zielzustand einer Organisation, und wie dieser systematisch erreicht werden kann. In der Nachfolge bietet das TOM einen strukturierten Rahmen, um Strategie, Organisation, Prozesse, Systeme, Kultur und Governance in Einklang zu bringen.
📌 Vorteile des TOM in der Nachfolgeplanung:
• Visionsbasiert: Klarer Zielzustand nach der Übergabe
• Ganzheitlich: Integration von Hard- und Softfaktoren (z. B. KPIs und Kultur)
• Roadmap-fähig: Ableitung von konkreten Maßnahmen
• Governance-integriert: Trennung von Eigentum, Führung und Verantwortung
• Messbar: Erfolg ist an Kennzahlen und Meilensteinen nachvollziehbar
🛠️ Typische TOM-Komponenten im Nachfolgekontext:
Gerade in familiengeführten Unternehmen ohne interne Nachfolgekandidaten wird die externe Nachfolge zum entscheidenden Thema. Diese Form stellt besondere Anforderungen, insbesondere an Governance, Legitimität und Integration.
🔑 Erfolgsfaktoren bei externer Nachfolge:
• Klare Rollenverteilung: Seniorchef als Beirat, nicht als Schatten-Geschäftsführer
• Vertrauensarchitektur: Aufbau einer Beziehungsstruktur zwischen Nachfolger und Schlüsselpersonen
• Begleitete Integration: Sparring, Coaching, Kommunikation; professionell gesteuert
• Strategische Beteiligung: Earn-Out-Modelle, Beteiligungen oder Doppelstrukturen gezielt einsetzen
Ein professionell geführter Nachfolgeprozess mit externer Person bringt oft strategische Vorteile:
• Frischer Blick, neue Netzwerke, hohe Umsetzungskompetenz
• Professionalisierung von Strukturen
• Unabhängigkeit von familiären Dynamiken
🏭 Hintergrund:
Die „TechPro GmbH“, ein mittelständischer Automationsspezialist mit 85 Mitarbeitenden, stand nach dem Rückzug des Gründers zur Übergabe an. Der erste Versuch, ein Verkauf an einen Wettbewerber, scheiterte an kulturellen Differenzen.
🔄 Lösung:
Ein externer Nachfolger (MBI) mit technischer und kaufmännischer Erfahrung wurde gefunden. Gemeinsam mit Phalanx wurde ein Target Operating Model aufgesetzt:
• Zielbild: Ausbau der Dienstleistungstiefe und Internationalisierung
• Struktur: Neue Führungsstruktur mit COO/CEO-Modell
• Kultur: Erhalt der regionalen Verankerung trotz Wachstumsambition
• Governance: Einrichtung eines externen Beirats + Senior als Sparringspartner
Nach 18 Monaten war das Unternehmen stabil übergeben, Umsatz und EBIT gestiegen, die Belegschaft konstant.
✅ Gibt es ein klares Zielbild für das Unternehmen nach der Übergabe?
✅ Sind Eigentum, Führung und Verantwortung getrennt gedacht?
✅ Ist der Nachfolger frühzeitig eingebunden – kommunikativ & operativ?
✅ Existiert ein konkreter Integrations- und Kommunikationsplan?
✅ Ist die Übergabe auch auf der „unsichtbaren Ebene“ begleitet (Coaching, Werte, Identität)?
✅ Gibt es ein Monitoring für die Zeit nach der Übergabe?
✅ Haben alle Beteiligten Klarheit über Rollen, Ziele und Erwartungen?
Fazit: Nachhaltige Nachfolge braucht Struktur, Vertrauen und Zeit
Die Übergabe eines Unternehmens ist kein Exit, sie ist ein strukturierter Übergang. Wer Nachfolge professionell denkt, erkennt: Der Unterschied zum Verkauf liegt nicht nur in der Perspektive, sondern in der gesamten Prozesslogik.
Mit einem strukturierten Vorgehen, klaren Governance-Regeln und einem fundierten Target Operating Model sichern Sie nicht nur den Wert Ihres Unternehmens, Sie sichern seine Zukunft.
📎 Weiterführende Ressourcen
• 📝 Whitepaper: „Nachfolge richtig gestalten – 12 Fragen vor dem Verkauf“ -> siehe Formular unten
• 📚 Blogartikel: „Externe Nachfolge erfolgreich integrieren – Ein Praxisleitfaden“
• 📞 Beratung anfragen: Jetzt unverbindliches Erstgespräch mit unserem Nachfolge-Team vereinbaren