Unternehmensführung 4.0 - Wie verändert sich die Führung in den nächsten Jahren?

Die Unternehmenslandschaft verändert sich zweifelsohne. Gerade seit Anfang 2020, hat sich die Welt verändert und ändert sich durch die jüngsten Ereignisse weiterhin. Einige Aspekte der Führung, wie die Festlegung einer Vision und die Umsetzung einer Strategie, werden zwar beibehalten, doch muss die künftige Führungskraft über ein neues Arsenal an Fähigkeiten und Denkweisen verfügen, um effektiv zu führen. Der Grund dafür ist, dass Unternehmen in zehn Jahren grundlegend anders aussehen und funktionieren werden, was bedeutet, dass wir einen neuen Typus von Führungskraft an der Spitze dieser Organisationen benötigen.

Im Rahmen unserer Forschungstätigkeit an der University of Reading und der Henley Business School beschäftigen wir uns mit dem Thema Zukunft der Unternehmensführung und der Unternehmernachfolge. Unsere bisherigen Erkenntnisse möchten wir daher im folgenden Artikel niederlegen. Der Artikel ist weder vollständig noch vollumfänglich. Er gibt Erkenntnisse aus unserer täglichen praktischen Arbeit und der wissenschaftlichen Tätigkeit wieder.

In diesem Artikel möchten wir uns mit der Frage: "Was sollten wir Führungskräften heute beibringen, um sie auf die Zukunft vorzubereiten?" Leider gibt es nur wenige Studien und wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dieser Frage umfassend befassen. Viele Weiterbildungen und auch MBA-Programme konzentrieren sich im Rahmen Ihres Curriculums bereits mit dem Thema, sind aber meist noch mit den Themen Agilität, Digitalisierung und anderen Schlagwörtern beschäftigt. Seit 2014 beschäftigen wir uns im Rahmen einer Doktorarbeit und Lehrtätigkeit mit dem Thema die Führungskraft 4.0. Schwerpunktmäßig haben wir seitdem mehr als 100 Unternehmenslenker, vornehmlich aus familiengeführten Unternehmen interviewt und unsere Erkenntnisse niedergeschrieben.

Im Rahmen der durchgeführten Interviews wurden verschiedene Fragen gestellt. Darunter waren Fragen zu den wichtigsten Fähigkeiten und Denkweisen, die ihrer Meinung nach für zukünftige Führungskräfte im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus am wichtigsten sein werden. Aus diesen Interviews kann man neun Erkenntnisse zusammen, d. h. die vier wichtigsten Denkweisen und fünf wichtigsten Fähigkeiten, die künftige Führungskräfte beherrschen sollten.

Was sind die vier wichtigsten Denkweisen der Zukunft?

Die vier wichtigsten Begrifflichkeiten zur Einstellung der Zukunft sind Weltoffen, Führen als Dienstleistung, Chefkoch sein und offen für neues sein.

1. Weltoffenheit

Die Welt wird immer vernetzter, was bedeutet, dass jedes Unternehmen (und wir meinen jedes) das Potenzial für weltweite Mitarbeiter und Kunden hat. Die Mentalität des Weltbürgers bedeutet, global zu denken und sich die Vielfalt zu eigen zu machen. Führungskräfte müssen neue Kulturen verstehen und wertschätzen, sich aktiv um vielfältige Teams bemühen, Mitarbeiter mit unterschiedlichem Hintergrund führen und wissen, wie man in neue globale Märkte eintritt und dort erfolgreich ist.

2. Führen heißt Dienen

Das sogenannte "Servant Leadership" wird fälschlicherweise öfter als dienende Führung übersetzt und im deutschen Führungsverständnis, eher als die Führungskraft als Diener verstanden. Wir würden es als Führung als Dienstleistung beschreiben. Diese Dienstleistung stellt in ihrem Umfeld das Helfen anderen, zu wachsen in den Mittelpunkt. Dabei ist dieses Führungsverständnis nicht nur im agilen Umfeld beliebt, sondern kommt mittlerweile auch in klassischen funktionalen Organisationen zum Einsatz. Die Mentalität Führen als Dienstleistung widerspricht der alten Denkweise, dass Führungskräfte an der Spitze des Unternehmens bleiben. Dieses Führungsverhalten bedeutet, dass Sie sich in Demut üben und insgesamt vier Gruppen dienen: Ihren Führungskräften, sofern Sie welche haben, Ihren Kunden, Ihrem Team und sich selbst.

3. Chefkoch sein

So wie Köche zahlreiche Zutaten zu meisterhaften Gerichten verarbeiten, müssen Führungskräfte die beiden wichtigsten Zutaten eines jeden Unternehmens in Einklang bringen: Menschlichkeit und Technologie. Das bedeutet, die Technologie zu nutzen, um die Effizienz des Unternehmens zu verbessern, und gleichzeitig den Mitarbeitern ein Gefühl von Sinn und Fürsorge zu vermitteln. Eine Seite kann ohne die andere nicht erfolgreich sein.

4. Offen für neues sein

Künftige Führungskräfte müssen wie die Entdecker von einst sein und sich auf das Unbekannte einlassen. Sie müssen offen für neue Ideen sein und ihren Kurs ändern, wenn sich die Welt um sie herum weiterentwickelt. So wie die Entdecker ständig lernen mussten, müssen auch die Führungskräfte unermüdlich sein und Neugierde üben. So bekommt der Begriff lebenslanges Lernen einen ganz anderen Stellenwert.

Neben der vier Denkweisen gibt es aber auch die fünf wichtigsten Fähigkeiten, die in unseren Gesprächen und Studien immer wieder von Führungskräften genannt werden.

Fähigkeiten

Welche Fähigkeiten muss eine Führungskraft in der Zukunft haben? Viele haben sicherlich schon die Fähigkeit gehört, dass die Führungskraft ein Coach sein muss. Was aber fasziniert ist, dass in vielen Interviews die Führungskraft auch Emotionale Intelligenz, die Fähigkeit Kommunikator zu sein sowie Technologe und Visionär sein muss.

1. Coach

Zusammenfassend sagen die meisten Unternehmenslenker über Coaches folgendes: Großartige Coaches motivieren, inspirieren und engagieren ihre Teams und kümmern sich gleichzeitig um jedes Mitglied als Individuum. Ebenso müssen künftige Führungskräfte ihre Mitarbeiter als Individuen wertschätzen, anstatt sie nur als Arbeitskräfte zu betrachten. Die besten Trainer und Führungskräfte entwickeln ihre Mitarbeiter so, dass sie erfolgreicher werden als sie selbst.

2. Emotionale Intelligenz

Jahrzehntelang haben sich Führungskräfte davor gescheut, emotional zu sein, genauer gesagt, es war auch in vielen Unternehmen nicht erwünscht. In Zukunft müssen Führungskräfte emotional intelligent sein und ihr Einfühlungsvermögen und ihre Selbstwahrnehmung entwickeln. Großartige Kommunikatoren bauen Verbindungen auf und haben keine Angst, verletzlich zu sein. Einfühlungsvermögen bedeutet, die Gefühle und Perspektiven anderer zu verstehen. Bei der Selbsterkenntnis geht es darum, die eigenen Stärken und Schwächen zu verstehen und anderen zu helfen, die eigenen ebenfalls zu verstehen und in Kombination mit dem Coaching weiterzuentwickeln.

3. Kommunikator

Die Führungskräfte der Zukunft sind Meister der Kommunikation. Sie hören zu, um zu verstehen, und tun mehr als nur zu hören, was die Leute sagen. Sie nutzen verbale und nonverbale Kommunikation, um mit Menschen in Kontakt zu treten, und wissen, welche Kanäle sie am besten nutzen können, um den Lärm zu durchdringen und ihre Botschaften zu vermitteln. Zuhören und Kommunikation sind zwei zeitlose Aspekte großartiger Führungsqualitäten, aber auch die beiden, die sich am stärksten verändern!

4. Technologisch offen

Führungskräfte der Zukunft sind immer auf dem neuesten Stand der relevanten Technik. Sie müssen keine Experten in der praktischen Anwendung sein, aber sie sollten sich die Technologie zu eigen machen und wissen, wie sie diese am besten für ihr Unternehmen nutzen können. Sie müssen Technik-affin und digital versiert sein.

5. Visionär

Die künftigen Führungskräfte sorgen dafür, dass Unternehmen nicht von den Entwicklungen der Zukunft überrascht werden. Die Welt, in der wir leben und arbeiten, verändert sich ständig und ist voller Unbekannter. Zukünfte Führungskräfte erwägen mehrere Szenarien und denken über neue Möglichkeiten nach.

Alle diese Denkweisen und Fähigkeiten dienen dazu, Mitarbeiter, Führungskräfte und ganze Unternehmen fit für die VUKA-Zukunft zu machen. Spannend ist dabei, dass sowohl in den Interviews mit verschiedenen Unternehmenslenkern von heute, als auch im wissenschaftlichen Kontext, Führung einen höheren Stellenwert bekommt. So ist einerseits Führung nicht nur eine Belohnung für die besten Leistungen in der Fachkarriere und der logische nächste Schritt, sondern es setzt ein lebenslanges Lernen und Weiterentwickeln voraus. Daneben ist nicht nur die ständige Weiterentwicklung ein Grundtenor für eine gute zukünftige Führungskraft, sondern auch die klare Aussage, dass gute Führung Zeit benötigt. Hier sind sich fast alle einig, Führung ist nicht ein Add-on Thema, sondern ein eigener Aufgabenbereich.

Wir dürfen gespannt sein, wie sich Führung im Unternehmen weiterentwickelt und wie zukünftige Führungskräfte Unternehmen gestalten und verändern werden. Auch in Zukunft beschäftigen wir uns weiterhin mit dem Thema und werden im Rahmen unserer Newsletter weitere Beiträge veröffentlichen. Gerne können Sie uns auch Themenwünsche und Kommentare jederzeit zukommen lassen.

Das möchte ich noch loswerden

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