In der Welt der M&A-Transaktionen gilt der deutsche Mittelstand als begehrtes, aber komplexes Ziel. Für viele Private-Equity-Investoren offenbart sich bei näherem Hinsehen jedoch ein wiederkehrendes Muster: Transaktionen scheitern nicht an der Due Diligence, nicht am Kaufpreis – sondern an kulturellen Missverständnissen, mangelndem Vertrauen und einem verengten Blick auf Kennzahlen. Familienunternehmen funktionieren nach eigenen Regeln. Wer diese nicht kennt oder ignoriert, wird trotz prall gefüllter Fonds den Zugang verlieren.
Im Unterschied zu rein kapitalmarktgetriebenen Unternehmen basieren viele inhabergeführte Mittelständler auf impliziten Werten, persönlichen Beziehungen und historisch gewachsenen Entscheidungswegen. „Was zählt, ist das Wort“ – dieser Satz steht sinnbildlich für ein Geschäftsverständnis, das in Exceltabellen nicht auftaucht, aber entscheidend für eine erfolgreiche Transaktion ist.
Finanzinvestoren, die im Transaktionsprozess ausschließlich auf KPIs, Synergien und Cashflow-Modelle setzen, ignorieren damit die DNA des Unternehmens. Die Folge: Misstrauen, Rückzug, Abbruch. Und das häufig spät im Prozess, wenn bereits erhebliche Kosten angefallen sind.
Was fehlt, ist häufig kein Kapital, sondern:
Zeit für Vertrauen: Familienunternehmer verkaufen selten spontan. Es braucht wiederholte Gespräche, persönliche Nähe und ein echtes Interesse an der Weiterführung des Lebenswerks. Wer nach zwei Wochen ein LOI vorlegt, ohne die Enkelnamen zu kennen, wird in dieser Welt keinen Fuß fassen.
Verständnis für gewachsene Systeme: Prozesse, die ineffizient wirken, sind oft Ergebnis jahrelanger Anpassung an Kunden, Lieferanten und Marktgegebenheiten. Wer hier sofort Rationalisierung fordert, ohne die Hintergründe zu verstehen, zerstört nicht nur Strukturen, sondern auch Beziehungen.
Ein differenzierter Blick auf nicht-finanzielle Assets: Reputation, Loyalität der Mitarbeitenden, regionale Netzwerke – all das lässt sich nicht bilanzieren, ist aber oft wertvoller als das materielle Anlagevermögen. Wer diese „Soft Assets“ nicht erkennt, riskiert einen Wertverlust nach dem Closing.
Erfolgreiche Investoren machen es anders. Sie verstehen sich nicht als Käufer, sondern als Partner. Sie bringen Geduld mit, investieren in persönliche Beziehungen und lassen den Unternehmer in der Übergangsphase aktiv mitgestalten. Besonders im deutschen Mittelstand hat sich gezeigt: Eine Nachfolge gelingt eher dann, wenn der Verkäufer seinen Nachfolger „wählt“ und nicht „verkauft“.
In der Praxis sehen wir erfolgreiche Beispiele, in denen PE-Investoren gemeinsam mit der Altinhaberschaft eine neue Governance etablieren, z. B. durch Beiräte mit familiärer Beteiligung, Earn-out-Strukturen oder Co-Investments für Schlüsselpersonen. Diese Modelle schaffen Kontinuität und halten das unternehmerische Herz des Betriebs am Schlagen.
Ein führendes Medizintechnikunternehmen aus Süddeutschland wurde kürzlich von einem PE-Fonds übernommen, der den Markt konsolidieren wollte. Anstatt sofort Prozesse zu vereinheitlichen, wurde eine Holdingstruktur geschaffen, die regionale Markenidentitäten respektierte. Der ehemalige Geschäftsführer blieb drei Jahre als Beirat aktiv, während ein externer CEO mit Mittelstandserfahrung den operativen Übergang moderierte. Ergebnis: starkes Wachstum, geringe Fluktuation – und ein zufriedener Verkäufer, der weitere Kontakte vermittelte.
Private Equity im Mittelstand ist kein Sprint. Es ist ein sorgfältig choreografierter Tanz zwischen Zahlen und Zwischenmenschlichem. Wer die Sprache des Mittelstands spricht – wer bereit ist, zuzuhören, zu lernen und in Beziehung zu investieren – kann Zugang zu einem Marktsegment gewinnen, das in seiner Stabilität, Innovationskraft und Regionalität kaum zu übertreffen ist.
Unser Rat an Investoren: Suchen Sie nicht nur Deals – suchen Sie Geschichten. Hinter jedem mittelständischen Unternehmen steht ein Mensch mit einem Lebenswerk. Wer dieses versteht, kauft nicht nur ein Unternehmen, sondern eine Zukunft mit Substanz.
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